Kretzen zu Duvanel SWR Kultur / Lesezeichen

In einer etwa einstündigen Reportage der Sendung SWR Kultur / Lesezeichen hat sich Friederike Kretzen ausführlich zu ihren Erfahrungen mit ihrer Kollegin Adelheid Duvanel geäussert. Ihr Gespräch mit Gisa Funck findet sich hier als Transkript und als Sounddatei. https://www.swr.de/swrkultur/literatur/von-traeumern-spinnern-aussenseitern-die-meisterzaehlerin-adelheid-duvanel-swr-kultur-lesenswert-feature-100.html

Das ist doch heute, und das bin doch ich!

Drei Schriftstellerinnen darüber, was Christa Wolf ihnen bedeutet

Am 16. Mai 24 trafen sich im bücherraum f die drei Schriftstellerinnen Friederike Kretzen, Melinda Nadj Abonji und Jasmine Keller zu einem Gespräch über Christa Wolf und darüber, was diese für ihr eigenes Schreiben bedeutet habe. Da sassen auf dem Podium drei Generationen. Alle drei waren ursprünglich durch Christa Wolfs “Kein Ort. Nirgends” (1979) über Heinrich von Kleist und Caroline von Günderrode persönlich berührt worden: Das ist doch heute, und das bin doch ich! Durch Christa Wolfs Werk wurde die Zerrissenheit der Welt und der Menschen in die Gegenwart geholt, körperlich und intellektuell.

Alle Autorinnen lasen je eine Passage aus einem Werk von Christa Wolf und einen eigenen Text, der sich mehr oder minder explizit mit Christa Wolf auseinander setzt. Leuchtend wurde deren “unverwechselbare Stimme” ebenso wie die je eigene der drei Autorinnen hörbar:

Rede Widerspruch-Heft 82/24

Die nachfolgend abgedruckte Rede wurde von Friederike Kretzen am 10.02.2024 an der Gedenkfeier für Pierre Franzen im Kulturmarkt Zürich gehalten.

Wie widersprechen? Also, wie nicht widersprechen? Und: Können wir leben ohne Widerspruch?

«Ah, die alten Fragen, die alten Antworten, es gibt nichts Vergleichbares!» Das sagt Hamm aus Becketts Endspiel, das nicht aufgehört hat, uns das Ende zu spielen. Play it again, so möchte ich hier gleich am Anfang sagen – denn auch das Endspiel ist, wie Casablanca und der Widerspruch, eine alte Liebesgeschichte.

Als ersten Widerspruch möchte ich meinen Kollegen Peter Kurzeck zitieren:
«Ich bin Schriftsteller. Ich glaube nicht an den Tod und auch nicht an die Vergänglichkeit … Wir können Menschen, die von uns gehen, nicht austauschen und auch nicht ersetzen. Wir müssen sie uns, genauso wie die eigene Lebensgeschichte, aus der Erinnerung jeden Tag neu erschaffen. Dann sehen wir, dass die Toten nicht wirklich gegangen sind. Sie sind nicht gestorben. Sie leben mit uns. Keiner stirbt.»

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Das Resistente grösser machen

Am 28.4.24 hat Friederike Kretzen im Kunstmuseum Basel zu ihrem Projekt einer literarischen Annäherung an Japan einen Vortrag gehalten.

«Die Ferne, schreibt Walter Benjamin, sei das Land der erfüllten Wünsche. Wir alle wissen, dass Wünsche davon leben, unerfüllt zu bleiben. Ähnlich verhält es sich mit der Ferne.
Basho, der berühmte japanische Haikudichter schreibt dazu:
In Kyoto,
hearing the cuckoo,
I long for Kyoto.
Womit er uns augenblicklich in die Zwischenräume und Leerstellen führt, von denen die japanische Kunst und Kultur leben. Denn wenn es selbst in Kyoto Kyoto nicht gibt – was zugleich Kyoto ist, – dann ist die Reise dorthin eine zwischen Abstände, die alle Kyoto heissen.
Sein Haiku besteht aus den Aufschüben und Vervielfachungen, die es für die Suche nach der Ferne braucht. Einer Ferne, der wir uns nur so weit nähern können, wie wir bereit sind, uns selbst fern zu werden.
In meiner literarischen Annäherung an Japan versuche ich, mich genau dem auszusetzen: Mir abhanden zu kommen und so vielleicht eine andere Version meiner selbst zu erfinden.»

Traumzugang in ein fremdes Land

Über Friederike Kretzens Persien-Buch »Bild vom Bild vom großen Mond«

Florian Neuner 17.12.2023

Schon ihr letztes Buch war ein Reisebuch, und schon in der 2017 erschienenen »Schule der Indienfahrer« waren reale und gedankliche Reisen ineinander verwoben zu einem poetischen Geflecht, einer Prosa, die nicht gefangen nimmt mit ihrer Story, sondern durch einen ganz eigentümlichen Sog aus sprachlichen Bildern und Assoziationen. Wenn das neue Buch der Sprachkünstlerin Friederike Kretzen im Untertitel »Roman einer Reise« heißt, dann ist das etwas irreführend: Hier spricht unmaskiert das Erzähler-Ich einer Autorin, die nach Teheran reist und dort an der Schweizer Botschaft auftritt, über ihr geplantes Persien-Buch spricht, Museen besucht und Künstlerinnen trifft. Um ein Reisejournal handelt es sich aber ebenso wenig, denn auch wenn die Chronologie von der Ankunft in Teheran bis zur Weiterreise nach Isfahan gewahrt ist, sind doch die zeitlichen Sprünge und Abschweifungen zahlreich, und die Sprache bewegt sich oft weit weg vom Protokoll der laufenden Ereignisse.

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