Warum das Glück der Artisten ein ratloses ist und wie wir es lernen können.
Seit Alexander Kluges Film „Die Artisten in der Zirkuskuppel; ratlos“ sind Artisten ratlos und zwar, weil sie Artisten sind. Es heisst im Film, dass sie als Artisten nur so tun, als könnten sie fliegen. Während sie im wirklichen Leben natürlich fliegen können.
In diesem Widerspruch zweier Vermögen hält sich die ganze schöne widersprüchliche Spannung von Leben und Kunst auf, die wir nicht reduzieren können, nur immer wieder durchqueren und vermehren.
So können wir im wirklichen Leben zwar schreiben, aber als Schriftsteller und Schriftstellerinnen ist es ja oft genug so, dass wir, was wir an Schreibfähigkeiten haben, vergessen müssen, um an die uns eigene Sprache, ihre Dringlichkeit und Genauigkeit heranzukommen.
Schreiben also können wir, aber können wir auch so tun, als schrieben wir? Was brauchen wir dafür, was sorgt für den guten Wind unter unseren Schreibschwingen?
Ratlosigkeit ist eine geeignete Form des Innehaltens und Zögerns, um der ganzen grossen Beweislosigkeit von Literatur zu begegnen, ungewiss, wofür sie gut sein soll. Kein Text kann beweisen, was er sagt, noch, dass es sich lohnt, es zu sagen.
Wem das klar sein kann, dem hilft der Himmel. Denn Literatur führt uns auf das gefährliche Terrain dessen, was nicht ratlos, sondern womöglich schön ist. So dass wir, wenn wir glauben, nicht weiter zu kommen, froh sein sollten, immerhin schon ratlos zu sein.
Ich möchte in diesem Seminar mit Ihnen zusammen auf die Suche nach dem Ungesicherten der Wörter gehen und ein paar Übungen zur Ratlosigkeit versuchen. Dabei sollen Texte von Virginia Woolf, David Foster Wallace, Alexander Kluge und Gilles Deleuze gelesen und weitergeführt werden. Vielleicht schaffen wir es ja, uns durch die Manege bis ins Freie auf das Zirkusdach hochzuarbeiten.