Archiv der Kategorie: Seminare Literaturinstitut Biel

Mit dem Schreiben zurecht kommen; möglichst ohne Recht zu behalten.

 Für wen wir schreiben. Vierte Runde.

Sie haben alle schon erfahren, dass ein Wort alles verändern kann. Nicht nur in einem Text. Dass mühsames Arbeiten an einem Text ihn nicht gelungener macht, dass es aber manchmal der Mühe lohnt und sich so eine ganz neue, unerwartete Wendung ergibt. Wie können wir wissen, woran wir sind im Scheiben, wenn wir mittendrin stecken und keinen Überblick haben. Mit dem Schreiben zurecht kommen; möglichst ohne Recht zu behalten. weiterlesen

Schreiben Bild Montage | Am Beispiel Godard

Ausschreibung Frühjahrssemester 08

Godard sagt zu seiner Art Filme zu machen: „Wenn der Film fertig ist, ist er auseinander genommen.“ Womit er sehr genau das Verfahren, das seine Filme nicht nur anwenden, sondern was sie so einzigartig ausmacht, benennt. Godards Filme sind präzis montierte Konstellierungen von Geschichte in all ihren Schichten. Eine Geschichte wird in ihre Ansichten zerlegt, geordnet und so in ungeahnte Zusammenhänge gestellt, die die Geschichte zu einer anderen Geschichte machen. Die Art, wie er, was als Bilder, Töne, Bewegungen vor unseren Augen und Ohren abläuft, auseinander nimmt, ist eine Versuchsanordnung, all das zum Sprechen zu bringen, was als Geschichte noch immer oder immer wieder nicht gesehen, nicht erkannt, nicht zur Sprache und ins Bild gebracht worden ist.
Godards Art des Erzählens, Montierens, Auseinandernehmens möchte ich mit Ihnen analysieren. An seinen Filmen können wir erfahren, dass Auseinandernehmen Zusammenfügen bedeutet; zugleich wollen wir über Schreiben und Sehen, Sprache und Bild, Geschichte und Geschichten nachdenken.

Montage mon beau Souci

Ausschreibung Frühjahrssemester 09

‚Montage mon beau Souci’ schreibt Godard in seiner L’Histoire du Cinema. Was meint er damit? Kann eine Sorge schön sein? Kann meine schöne Sorge Montage sein? Oder bereitet meine Sorge meine Montage? Was ist überhaupt Montage? Was hat sie mit Schönheit zu tun und was mit meiner Sorge? Wie tragen wir Sorge? Beispielsweise die Sorge um uns, um Sprache, um Bilder, um Geschichten und Geschichte? Ist Montage eine Art Sorge zu tragen? Wie können wir uns die Montagearbeit der Sorge und die Sorgearbeit der Montage vorstellen? Vielleicht so schön wie die Filme Godards. Die uns auf einzigartige Weise erlauben, die eigene Sorge als eine Frage der Montage schön zu finde .
Godards Art des Sorgetragens, des Montierens, Erzählens und Auseinandernehmens möchte ich mit Ihnen analysieren. An seinen Filmen können wir erfahren, dass Auseinandernehmen Zusammenfügen bedeutet. Zugleich wollen wir über Schreiben und Sehen, Sprache und Bild nachdenken und wie zusammengefügt sie sind.

Fiktion – Dokument – Montage | Godards Kino

Ausschreibung HS 08

Godard sagt, er mache Filme, um sehen zu können. Aber was ist Sehen? Woher wissen wir, dass wir sehen und dies nicht nur denken? Wie lässt sich sehen, was nicht zu sehen ist? Die Wirklichkeit zum Beispiel, die Liebe, der Tod, das Leben?

„… das Leben füllt die Leinwand wie ein Wasserhahn eine Badewanne, die sich gleichzeitig in selbem Masse wieder leert…“ schreibt Godard. Seine Filme füllen die Leinwand, die sie leeren. Sie leben und zeigen zugleich die Bewegung des Lebens. So kann Leben im Film sichtbar werden und dabei lebendig bleiben.

Montierende Künstler wie er haben nicht nur Ich’s, die anders sind, sondern machen auch anders Filme. Jeder seiner Filme ist nicht nur anders, sondern auch noch ein anderer Film und ein Film über anderes. One Plus One heisst einer, der aus zwei Filmen besteht, die so ineinander geschnitten sind, dass das, was wir sehen, ein dritter bis vierter Film ist.

Montieren ist allerdings nicht nur eine Art, etwas zur Erscheinung, zum Bild, zur Sprache zu bringen, sondern auch der Versuch, etwas sichtbar zu machen, was nicht sichtbar ist und was vielleicht gar nicht existiert. Godards Filme haben mit Freiheit zu tun, mit Belebung, Belichtung. Denn das Kino müsse der Realität wieder herausrücken, was es ihr genommen habe. Das sei seine Art, uns daran zu erinnern, dass wir leben müssten, sagt er.

Den vielfältigen Zusammenhängen von Leben, Fiktion, Kino, von Montage und Bilderfolge, wie sie uns Godard in seinen Filmen sichtbar und erfahrbar macht, möchte ich mit ihnen nachgehen, und sie auf ihre Gelenke und Gelenkigkeiten hin befragen. Was kann all das mit Geschichte und Geschichten zu tun haben, mit dem Raum zwischen den Menschen und zwischen den Zeiten?

Seminar: „Vorbereitung des Romans“ von Roland Barthes

Was ist es, was uns zum Schreiben bringt? Was geschieht, wenn wir schreiben? Schreiben wir oder werden wir in Worten und Sätzen von etwas ergriffen, das uns schreibt? Was ist die Phantasie des Schreibens, was der Augenblick der Evidenz und welcher Notwendigkeit sind wir schreibend unterworfen? Dies sind nur einige wenige der Themenkomplexe, denen Roland Barthes in seinen letzten zwei grossen Vorlesungsreihen, die er unter dem Titel „Die Vorbereitung des Romans“ zwischen 1978-1980 am College de France gehalten hat, nachgegangen ist.

Jede Theorie eines Romans muss selbst ein Roman sein, forderten die Romantiker, deren Forderung sich Barthes zu eigen macht. Und in der Tat handelt es sich bei seinen Vorlesungen um die Vorbereitungen eines Romans, den er zu schreiben gedachte. Doch wann bereiten wir noch vor und wann haben wir bereits begonnen? Seine uns in Form seiner Vorlesungen hinterlassene Vorbereitungen sind ein ganz einzigartig zusammengelesener Roman, in dem wir vor allem Proust, Flaubert, Mallarmè, Rimbaud bei der Arbeit zusehen können.

„Roman: Praxis des Kampfes gegen die Trockenheit des Herzens“, heisst es an einer Stelle in den Vorlesungen, die sich dieser Praxis, – zumindest ihrer Vorbereitung – mit Haut und Haar verschrieben haben.
Ich möchte mit Ihnen die Vorlesungen studieren und an der Vorbereitung von Romanen arbeiten.

Ausschreibung Projektwoche 9.-13.11.09: Wiederholung

Wenn wir uns wiederholen, holen wir uns dann wieder? Aber waren wir denn fort? Wo waren wir denn und warum holen wir uns wieder? Kann es sein, dass wenn wir uns wiederholen, wir zugleich erfahren, weggewesen zu sein? Ist eine Wiederholung also sowohl eine Erfahrung des Wiederkommen wie des Ausbleibens? Und sind wir es, die sich wiederholen oder werden nicht eher wir wiederholt? Beispielsweise, wenn uns etwas einfällt, an das wir seit Jahren nicht mehr gedacht haben. Woher kommt plötzlich der Einfall, die Erinnerung und warum gerade jetzt? Andersherum geschieht es oft, dass wenn wir auf andere Gedanken kommen wollen, sie uns nur um so hartnäckiger umtreiben. So oder so scheint in der Wiederholung etwas uns treu zu bleiben und fordert uns auf, ihm treu zu bleiben.
Sich zu wiederholen, gilt als unoriginell. Doch zugleich ist Originalität substanziell an Wiederholung gebunden, ja, erschafft sich in der Wiederholung. Erst in der Wiederholung ergibt sich die Möglichkeit, dass sich im Gleichen das andere bildet. Roland Barthes schreibt in seinen Vorlesungen zur Vorbereitung des Romans:“…was das Gedächtnis bewahren muss, ist nicht die Sache, sondern ihre Wiederkehr, denn diese Wiederkehr hat bereits etwas von einer Form.“ Womit er genau die Differenz in unseren Begriff von Erinnerung, Gedächtnis, Wiederholung einführt, die uns das Neue, das Abweichende an der Wiederholung deutlich zu machen vermag.

Ich möchte mit Ihnen in dieser Woche an Wiederholungen arbeiten. Schreibend, lesend, sprechend möchte ich Aspekte, Verfahren, Methoden der Wiederholung als grundlegende künstlerische Praxis anschauen, erfahrbar machen und bedenken. Versuchen wir, uns in eigenen und fremden Texten und Bildern wieder zu holen und uns bereitzuhalten für das, was geschehen mag.
Empfohlene Literatur, von der mindestens ein Buch gelesen worden sein sollte:
Hilda Doolittle „Tribute to Freud“
Roland Barthes „Fragmente einer Sprache der Liebe“, Gertrude Stein „Erzählen“