Was ist einfach? Einfach schreiben? Einfach sehen? Einfach verstehen?

Theoriepool Kultur und Gesellschaft,
Grundlagenangebot, HGKZ Februar 1997

Im Sprichwörterbuch gibt es zu einfach nur einen Eintrag: „Einfach, aber niedlich, sagte der Teufel und strich sich den Sterz erbsengrün an.“ Ist das einfach? Und wenn ja, was macht dieses Einfache aus? Die Einfalt des Teufels, wenn wir ihn uns mit seinem grüngestrichenen Schwanz vorstellen?
Können Sie das nicht einfach sagen, heisst es. Ich liebe das Einfache, behaupten Menschen von sich. Andere sagen, ich liebe das Besondere. Ist das Einfache nichts Besonderes? Was ist überhaupt das Gegenteil von einfach? Kompliziert, schwer, oder einfach nicht einfach, aber niedlich wie der Teufel?
In Bezug auf Texte wird genauso von Einfachheit gesprochen wie in Bezug auf die sich in den Erzählstrukturen der Texte ausprägende Wirklichkeit. Und meistens als Wunsch und meistens als Kritik. Und wenn der Wunsch nach Einfachheit einfach einfach gemeint ist, ist es oft ein frommer Wunsch, und wenn die Kritik an Texten oder an Erzählstrukturen eine Einfachheit ins Feld führt, in der sich alle Widersprüche und Ambivalenzen gelöst haben sollen, dann ist es keine einfache Kritik, sondern eine willkürliche.
Sie sehen, einfach ist nicht einfach. Aber was ist es dann. Daniil Charms beispielsweise behauptet einfach: Die Kunst ist ein Schrank. Und der hat sicherlich mehrere Fächer, nicht nur ein Fach. Und doch ist sein Satz einfach.
Wir werden versuchen, einfach zu schreiben. Und werden einfach schreiben. Mal sehen, was dann da steht, wenn wir einfach geschrieben haben. Und mal sehen, was einfach ist an dem, was andere geschrieben haben. Zum Beispiel an den Märchen. Sind Märchen so einfach wie man sagt? Ist die Erzählweise der Soap-Opera einfach? Gibt es einfache Wörter?
Ich möchte mit Ihnen ein wenig dem vermeintlichen und dem möglichen Einfachen nachgehen: schreibend, lesend, sehend, zerpflückend oder zusammensetzend.