Schreiben über Räume

Projektwoche vom 28.2. bis 4.3. 94 , Schule für Gestaltung, Zürich Abteilung Film.

Was ist ein Raum? Kann man von Räumen träumen? Und über sie schreiben? Ist Sprache ein Raum, viele Räume, und wenn ja, was sind dann die Räume, in denen wir auf und ab gehen, stehenbleiben, uns umsehen?
Gehen wir also los, Räume betrachten, Räume, in denen wir uns jeden Tag aufhalten, die Küche zum Beispiel. WAS IST EINE KÃœCHE? Ãœber die Küche schreiben?
Wo spielt sich unser Leben ab, wo nehmen wir wahr?In Räumen, an Orten, in Zuständen. Ständig halten wir uns in Räumen auf, gibt es ein Ausserhalb von Räumen? (Wie verhält sich ´Im Raum Sein´ zum ´Im Bild Sein´, – etwa wie nicht ´Im Raum Sein´ zu nicht ´Im Bild Sein´ ?)
Ist der Schlaf ein Raum, ist er ein Zustand, der einen andersgearteten Raum erschliesst? Träumen wir im Schlaf von Räumen? Und am Tag, in welchem Raum träumt unser Körper, während wir uns wach wähnen? Ist ein Schrank ein Raum? Und ein Koffer? Wer wohnt darin und sagt, das ist mein Zimmer?
Mit Antworten auf diese Fragen gehen wir stets um, sie ordnen unser Erleben und Empfinden, nach ihnen ordnen wir unsere Erkenntnisse, die Sensationen unseres Körpers. Bewusstheit, Reflektion gegenüber unseren selbstverständlichen Umgebungen zu entwickeln, bedeutet, einen zweiten, anderen Ort der Bezüglichkeit zu schaffen, einen Raum, in dem wir mit den Dingen und Umständen unseres täglichen Lebens anders verbunden erscheinen. Denn wo wir konkret zu fragen beginnen, können uns auch die Dinge und Umstände mit eigenen Fragen begegnen.
Wir wollen in dieser Woche versuchen, uns unsere Wahrnehmung von gewohnten Räumen deutlich zu machen und herauszufinden, wie räumlich unsere Wahrnehmung ist; Schreibraum eben.

Als Vorgehensweise denke ich mir ein möglichst genaues Erfassen konkreter, eigener Räume durch Beschreibung vor Ort, anschliessend Beschreibung aus dem Gedächtnis. Darauf aufbauend können wir in die Beschreibungen, die von allen gemacht werden, verschiebende Perspektiven einbringen, beispielweise durch das Ein- oder Ausschliessen eines Beobachters, einer Beobachterin, eines Ichs, eines Hunds, der Zeit, der Farben, anstelle der Substantive, oder durch das Ausschliessen des Buchstabens E. Die immer wieder aufgenommene Beschreibung der Räume verdichtet sich so mit der Zeit und mit den vielen unterschiedlichen Perspektiven zu einer Art geschriebener Raumlandkarte. Mit deren Hilfe wir uns dann in diesem Sprachraum unserer Erfahrungen der letzten Tage an Fragen heranwagen können wie die, nach dem Bewohner des Küchenschranks oder der nach der Räumlichkeit der Wörter und ob man in Wörter hineingehen kann, und was geschieht, wenn wir in das Wort Brot reingehen?

Sie sehen, wir haben viel vor, müssen eine ganze Menge herausfinden. Ich schlage vor, Sie ziehen sich gute Schuhe an, räumen Ihre Küche auf, denn es kommen Gäste.

Beschreibung ein und des gleichen Orts von zwei Personen, wobei eine eine Bindung an diesen Ort hat, die andere nicht. Die Forschungsarbeit kann zudem durch eine bestimmte Methode des Aufschreibens modifiziert und überprüft werden, so dass deutlich wird, wie genau und eng der Blickwinkel werden kann/muss, bis etwas in der tiefe des gewohnten Raums auf die Bühne tritt.
Das Auf-Schreiben bietet die Möglichkeit der Verdichtung und zugleich der Verschiebung. Im Geschriebenen tritt uns ein imaginärer Raum entgegen, der zudem auf eine sehr komplizierte Weise mit der Zeit verbunden,- und das Fragen von ihm zu uns und von uns zu ihm kann beginnen.

Das Erstellen von Wort/Wahrnehmungsgittern, aus denen sich Diskurse weiter- und fortdenken lassen. In dem das Unterbweusste ans Bewusste, das Ausgegrenzte ans Eingegrenzte so dicht wie möglich heranrücken. Wo die Allgemeinplätze sich auflösen und herumtummeln.

Geschichte als gemachte und zu machende zu erfahren, setzt dieses heftige und lustvolle hin und her von Fragen voraus. Diese Erfahrung hat also mit Arbeit zu tun.