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\u00bbMan kann alles machen \/ ausgenommen die Geschichte dessen, was man \/ macht.\u00ab Das sagt Godard und wirft ein sch\u00f6nes Licht auf folgende \u00dcberlegungen: Was hat das Vergegenw\u00e4rtigen der Literatur mit dem zu tun, was wir Gegenwart nennen? Was bedeutet der Ruf nach dem Gegenwartsroman, der Bezug der Literatur auf das, was wir Gegenwart nennen? Was ist das, was kann das sein hinsichtlich des grundlegenden Verm\u00f6gens der Literatur zu vergegenw\u00e4rtigen?
\nVergegenw\u00e4rtigen hei\u00dft, etwas in eine gleiche Gegenwart mit uns zu bringen, anwesend zu machen, was wom\u00f6glich lange vergangen ist. So k\u00f6nnen einem beim Lesen der Ilias die Tr\u00e4nen kommen, wenn Hector den beinahe toten Patroklos, der, verraten von den G\u00f6ttern, auf dem Schlachtfeld liegt, noch \u00fcber den Tod hinaus verh\u00f6hnt. Zur Erinnerung: Patroklos, Vertrauter Achills, der, als es schlecht steht f\u00fcr die Griechen, in der R\u00fcstung Achills in den Kampf zieht. Die Wendung des Kampfgeschehens gelingt, doch entgegen Achills unbedingtem Wunsch kehrt Patroklos nicht mit den anderen K\u00e4mpfern zur\u00fcck zu den Schiffen, sondern r\u00fcckt weiter gegen die Mauern Trojas vor. Als ihn mitten im Angriff die G\u00f6tter St\u00fcck f\u00fcr St\u00fcck der R\u00fcstung berauben und entwaffnen: \u00bb… Schrecken bet\u00e4ubte sein Herz und l\u00e4hmte die gl\u00e4nzenden Glieder, Also stand er verwirrt.\u00ab Schon wird er t\u00f6dlich getroffen. Hector frohlockt. Er spottet, Achill habe seinen Freund gegen ihn gehetzt, nur um ihm nun nicht beizustehen. Die Szene, wie Patroklos da steht und \u00fcber seine Entbl\u00f6\u00dfung staunt, wie er verwirrt ist, noch vor jeder Erstarrung \u2013 dieser Moment des Innehaltens im Kampfgeschehen \u2013, l\u00e4sst das uns nicht erfahren, was es hei\u00dft, von etwas bestimmt zu werden, das wir mit nichts \u00e4ndern k\u00f6nnen? Da, an der Stelle des entgeisterten und noch nicht ganz toten Kriegers, wird uns deutlich, was Krieg bedeutet: Unrecht, Verrat, Rache und Ohnmacht.
\nWarum habe ich gerade diese Szene gew\u00e4hlt, warum aus der ansonsten vor Wut, Gewalt, brutalem Kampfgeschehen \u00fcberbordenden Ilias? Es gibt in ihr eine weitere Schilderung von Ohnmacht und Ausgesetztheit. Es ist die Szene, in der sich Priamos in der Nacht zu Achill ins feindliche Lager schleicht, wo er diesen unter Tr\u00e4nen um den toten, gesch\u00e4ndeten K\u00f6rper seines Sohns Hector bittet. Vielleicht ist die an Schlachten so reiche Ilias um dieser beiden Szenen willen geschrieben worden. Jedenfalls sind sie von zentraler Bedeutung. An der Wucht und Gef\u00e4hrlichkeit ihres Geschehens nicht unterzugehen, sie also erz\u00e4hlen zu k\u00f6nnen, bedarf es wom\u00f6glich all der vielen anderen Geschichten von Kampf und Unerschrockenheit.
\nVielleicht ist die Idee des Gegenwartsromans, der die Themen bearbeitet, die sowieso \u00fcberall zu h\u00f6ren sind, die gar keine Themen sind, eher ein Code sich gegenseitig versichernder Zugeh\u00f6rigkeit, ein Phantasma. Eines, das viel mit unserer Gegenwart zu tun hat und wenig mit Vergegenw\u00e4rtigung. Au\u00dfer vielleicht mit der Vergegenw\u00e4rtigung des Phantasmas einer Gleichzeitigkeit der Gegenwart mit sich selbst. Die Zeit der Gegenwart ist notwendig ungleichzeitig mit sich, mit uns, mit unseren Erfahrungen. Wir leben in unterschiedlichen Zeiten zugleich. Nur so k\u00f6nnen wir dem, was wir Gegenwart nennen, die Kraft zugestehen, all das, was wir geliebt und verloren haben, in anderer Form neu und anders hervorzubringen.
\nGodards Satz, so einfach wie vertrackt, macht uns darauf aufmerksam, dass wir bei allem Machen nicht auch noch machen k\u00f6nnen, was das Gemachte eines Tages werden wird. Geschichten, die wir schreiben in der Art und Weise, wie wir sie schreiben, werden erst als Teil einer Geschichte, die wir erschaffen und erz\u00e4hlen, deutlich werden k\u00f6nnen, wenn wir sie schon lange nicht mehr schreiben und vielleicht auch schon nicht mehr lesen k\u00f6nnen. Anders formuliert, wir schreiben Geschichten, wir erz\u00e4hlen sie, und wie wir das tun, ist von dem, was um uns herum geschieht, was uns als Art und Weise, wie wir leben, wovon wir gepr\u00e4gt wurden, nicht nur bestimmt, sondern ganz und gar durchdrungen. Das hei\u00dft, wir k\u00f6nnen uns nicht au\u00dferhalb der Geschichte sehen, die zu werden wir erst noch im Begriff stehen. Die Auseinandersetzung mit dem, was wir machen, wie es zu fassen sein kann, hat diese grundlegende Unverf\u00fcgbarkeit mitzudenken. Da ist jene \u00bbL\u00fccke, die der Teufel l\u00e4sst\u00ab, von der uns Alexander Kluge nicht aufh\u00f6rt zu berichten. \u00bbSchreiben\u00ab, so sagt es Foucault, \u00bbhei\u00dft, sich in diesem Abstand einzurichten, der uns vom Tod trennt, und von dem, was tot ist. Zugleich ist es das, worin sich dieser Tod in seiner Wahrheit entfalten wird, nicht in seiner verborgenen und geheimen Wahrheit, nicht in der Wahrheit dessen, was er war, sondern in dieser Wahrheit, die uns von ihm trennt, die bewirkt, dass wir nicht tot sind, dass ich, wenn ich \u00fcber tote Dinge schreibe, nicht tot bin. Diese Beziehung muss das Schreiben aus meiner Sicht herstellen.\u00ab
\nWas Foucault Abstand nennt, ist zugleich auch N\u00e4he. Was bei Kluge als L\u00fccke figuriert, stellt auch Verbindung her. Unverf\u00fcgbarkeit hat mit solchen Unaufl\u00f6sbarkeiten zu tun. Ihnen sind wir ausgesetzt. Sie sind, worum es im Weiteren gehen soll bei der Frage, was wir machen, wenn wir uns schreibend mit dem auseinandersetzen, was unsere Zeit, unsere Gegenwart sein kann.
\nDabei ist die Unverf\u00fcgbarkeit der Geschichte dessen, was wir machen, das eine, was es dabei zu bedenken gilt. Das andere ist die Unverf\u00fcgbarkeit, die ganz elementar die Arbeit mit Sprache bedeutet. So lange wir uns in der Sprache bewegen, sind wir ihrer \u00bbOrdnung ohne Beweis\u00ab anheimgegeben, diesem offenen \u00bbMeer ohne Orientierungspunkt\u00ab, wie Roland Barthes schreibt. In seinen Tageb\u00fcchern beklagt Kafka am 6. Dezember 1921 den Mangel an jeder M\u00f6glichkeit der Selbstsicherheit beim Schreiben: \u00bbDie Unselbst\u00e4ndigkeit des Schreibens, die Abh\u00e4ngigkeit von dem Dienstm\u00e4dchen das einheizt, von der Katze, die sich am Ofen w\u00e4rmt, selbst vom armen alten Menschen, der sich w\u00e4rmt. Alles dies sind selbstst\u00e4ndige, eigengesetzliche Verrichtungen, nur das Schreiben ist hilflos, wohnt nicht in sich selbst, ist Spa\u00df und Verzweiflung.\u00ab
\n\u00dcberlegungen zum Gegenwartsroman, zu dem, wie gegenw\u00e4rtig erz\u00e4hlt und geschrieben wird, k\u00f6nnen sinnvoll nur im Licht dieser grundlegenden Unverf\u00fcgbarkeit angestellt werden. Solange sich Literatur darauf einl\u00e4sst, dass wir die Geschichte unseres Tuns sich stets auch erst noch ereignen lassen m\u00fcssen, bevor wir sie gemacht haben k\u00f6nnen, ist Literatur vor der Zeit nicht gesch\u00fctzt. Gerade darum allerdings vermag Literatur der Schutz der Zeit zu sein. Auch wenn sie als Schutz der Zeit dann schon geschrieben worden ist, und wir nicht mehr da.
\nIch denke in diesem Zusammenhang an die M\u00f6glichkeit von Literatur, sich auf die Suche nach Verlorenem zu machen. Dahin, wo einem H\u00f6ren und Sehen vergeht, wo es einem die Sprache verschl\u00e4gt. Denn wie sonst sollen wir wissen und erz\u00e4hlen k\u00f6nnen, dass es etwas gibt, das nicht zu verlieren ist. Indem wir uns schreibend verlieren, werden wir erfahren k\u00f6nnen, dass es in aller Sprachlosigkeit und Unsagbarkeit etwas gibt, das vielleicht nicht sagbar ist, aber da. Von diesem unsagbar Sagbaren erz\u00e4hlt Literatur quer zu allen Zeiten, und sie hat nie aufgeh\u00f6rt zu berichten, dass es da ist und dass es das ist, was Literatur anwesend sein l\u00e4sst, gegenw\u00e4rtig. \u00bbBeeile dich\u00ab, hei\u00dft es bei Ren\u00e9 Char, \u00bbdein Teil an Wunderbarem, an Auflehnung, an Wohlt\u00e4tigkeit weiterzugeben \/ Tats\u00e4chlich bist du dem Leben gegen\u00fcber im R\u00fcckstand \/ Dem unsagbaren Leben.\u00ab
\nSchreiben sucht nach dem Lebendigen der W\u00f6rter. Leben sie, leben sie noch, wovon werden sie belebt und wie sind sie zu verlebendigen? Schreiben ist eine Arbeit der Verlebendigung im Bewusstsein, dass jedes Wort z\u00e4hlt, dass W\u00f6rter t\u00f6ten k\u00f6nnen, dass sie get\u00f6tet werden k\u00f6nnen, dass W\u00f6rter eine Waffe sind, und dass es immer wieder darum geht, diese Waffe gegen die zu richten, die uns mit ihr bedrohen. Das hei\u00dft auch, W\u00f6rter so zu gebrauchen, dass sie verlebendigen, dass sie eben nicht vernichten. Doch wie sollen wir W\u00f6rter so gebrauchen k\u00f6nnen, dass sie verlebendigen, dass sie aufwecken, was verstummt oder verschwunden scheint? Indem wir ihnen genauer zuh\u00f6ren. Uns ihnen als denen zuneigen, die uns bedeuten k\u00f6nnen, dass wir bei allem Wissen auch unwissend sind, dass wir bei allem Sehen auch blind, bei aller Beredtheit auch sprachlos sind. Erst der Mangel an Sprache macht sprechen. Der Mangel an Wissen l\u00e4sst wissen, der Mangel an Sehen erm\u00f6glicht Sichtbarkeit.
\nVerkennen wir den Ernst unserer Lage? \u00dcberall hei\u00dft es, das Wissen sei jetzt grenzenlos verf\u00fcgbar und f\u00fcr alle da. Doch wo ist das andere Wissen, das Wissen vom Nichtwissen, das Wissen vom Mangel und das Wissen by heart? Kann es sein, dass genau dieses Wissen gef\u00e4hrdet ist? So dass wir nicht mehr dar\u00fcber sprechen, dass Schreiben, \u00e4sthetische Prozesse, Denken, immer damit zu tun haben, sich in Gefahr zu begeben? Das hei\u00dft, sich auf die Erfahrung von Ohnmacht, von Sprachlosigkeit, von Unverf\u00fcgbarkeit und Unselbst\u00e4ndigkeit einzulassen, mit allem, was wir k\u00f6nnen, mit unserer ganzen Kunst.
\nSich einzulassen auf das Unbestimmbare der Existenz, auf die Unverf\u00fcgbarkeit von Geschichte als Geschichte, nur in dieser Einlassung l\u00e4sst sich Sprache gewinnen. Von dort her entsteht sie wieder neu in der \u00dcbersetzung von Ohnmacht in das Wort Ohnmacht, von Irren in das Wort Irren, von Dunkelheit in das Wort Licht, von schmerzender Wunde in das verbundene Messer. Wenn wir, entschlossen, gl\u00fcckliche B\u00fccher zu schreiben (\u00bbGl\u00fcckliche B\u00fccher schreiben kann jeder\u00ab, so Kafka), in denen die Arbeit am Ungl\u00fcck nicht mehr Form wird, wenn wir uns heiter geben, ohne Heiterkeit des Stils, wenn wir den W\u00f6rtern nicht mehr die Stille abh\u00f6ren, die sie in sich tragen als Gegenwart einer entlegenen Zeit \u2013 dann sind wir in Gefahr. Wir und mit uns die Sprache, die Geschichten, die uns Sprache dann nicht mehr gegenw\u00e4rtig zu machen vermag, sondern l\u00fcckenlos darbietet.
\nDie oft beklagte Echolosigkeit der Literatur, das Ausbleiben der Debatten, vielleicht kommt das ja aus einer Art Totstellung. Einem Untertauchen und Erstarren, als w\u00e4ren wir gar nicht mehr da.
\nDie Untoten, wir wissen es aus Horrorfilmen, sind m\u00e4chtig. Das hat Hamlet schon gewusst. Seine Frage nach dem Sein oder dem Nichtsein geht weniger darum, ob er ist, sondern es. Es, jenes Dazwischen, das sich zwischen dem Sein und dem Nichtsein aufh\u00e4lt. Dieses Zwischenreich, wo bleibt, was keine Ruhe findet, was wiederkommt, was uns bedr\u00e4ngt, von dem wir nicht wissen, was es ist, was es sein kann, wann es wieder kommt, und ob \u00fcberhaupt. Unsicher bleibt, ob es ist oder nicht. Je mehr wir leugnen, dass es ist \u2013 unentscheidbar und dazwischen \u2013, desto mehr bringen wir es hervor, best\u00e4tigen seine Existenz und h\u00f6ren nicht auf die von Hamlet herkommende Frage nach diesem Unentscheidbaren, Ungewissen. Sich in dieser Frage zu bewegen, sie eben nicht zu entscheiden, sondern offen zu lassen f\u00fcr das, was sich darin \u00e4u\u00dfert, das kann Sprache. Das k\u00f6nnen wir nur mit Sprache wagen, vielleicht ist es die Frage der Sprache selbst. Jedenfalls erlaubt sie uns, immer wieder so genau wie m\u00f6glich sagen zu k\u00f6nnen, was wir nicht zu sagen verm\u00f6gen.
\nSich Totstellen hilft nicht. Wann werden wir wieder so mutig sein, Sprache, die nie aufgeh\u00f6rt hat, eine Waffe zu sein, umzudrehen und gegen das zu wenden, was uns erstickt?
\nWir leben in einer mutlosen Zeit. M\u00fcssen wir, die nicht im Krieg leben, die nicht unmittelbar umgeben sind von Zerst\u00f6rung, aufgeben zu empfinden, gef\u00e4hrdet zu sein? Bleibt nicht die Erfahrung von Ohnmacht, von Sprachlosigkeit, von Blindheit, Unverf\u00fcgbarkeit? Ist nicht Teil unserer Gefahr, dass wir in unserer erstarrten Sicherheit sitzen, um uns schauen und \u00fcberall das Ausbrechen von Kriegen und Barbarei erleben m\u00fcssen? Es n\u00fctzt uns und unserem Gef\u00fchl von Bedrohung allerdings nicht, zu denken, es geht anderen schlechter, sie sind gef\u00e4hrdeter. Das ist unm\u00f6glich zu ermessen. Das kann jeder und jede nur f\u00fcr sich sagen.
\nK\u00fchnheit in der Kunst, im Denken \u2013 hei\u00dft das nicht, sich dem zu \u00f6ffnen, was einem geschieht, und bereit zu sein, es so genau wie m\u00f6glich auf sich zu beziehen? Was macht uns so sprachlos? Was macht uns so mutlos, zu fragen, was sich zwischen Sein und Nichtsein aufh\u00e4lt? Was ist es, was \u00fcber uns gekommen ist in der Geschichte und als Geschichte, die weiterhin erz\u00e4hlt zu werden verlangt als andere Geschichte und Geschichte des anderen? Es gilt, darauf zu bestehen, dass notwendig bleibt, diesem Dazwischen sich auszusetzen und nicht aufzuh\u00f6ren, zu ihm zu sprechen. Zum Dazwischen in uns, dem Unverf\u00fcgbaren in der Zeit und in der Literatur. Henry James hat nicht nur den Schreibenden ins Heft geschrieben, nie nachzulassen, alles, was einem geschieht, wahr und ernst zu nehmen.
\nWo ist die wachsame Praxis an den W\u00f6rtern und mit den W\u00f6rtern, die Literatur stets war? Diese Praxis, die es wagt, sich zu verlieren, die es wagt, zu scheitern in der Aussicht, das n\u00e4chste Mal besser zu scheitern. Diese Praxis kann nur eine sein, die langsamer, kleiner, anders sich sucht, verliert und aussetzt. Wissend, dass es uns niemals gelingen wird, klein und zart genug zu werden, um, wie Benjamin es vorschl\u00e4gt, in einem Gedanken zu \u00fcbernachten.<\/p>\n

Friederike Kretzen
\nErschienen in Tumult, Vierteljahresschrift f\u00fcr Konsensst\u00f6rung, Herbst 2014<\/em><\/p>\n

Literatur
\nRoland Barthes, Die Vorbereitung des Romans, Frankfurt\/Main 2008
\nRen\u00e9 Char, En trente-trois morceaux et autres po\u00e9mes \/ suivi de \/ Sous ma casquette amarante, Paris 1997 (\u00dcbersetzung Eleonore und Hans-Jost Frey)
\nMichel Foucault, Das giftige Herz der Dinge, Z\u00fcrich 2012
\nJean-Luc Godard, Histoire(s) du cin\u00e9ma, M\u00fcnchen 1999
\nHomer, Ilias, M\u00fcnchen 1990
\nFranz Kafka, Tageb\u00fccher, Frankfurt\/Main 1990
\nAlexander Kluge, Die L\u00fccke, die der Teufel l\u00e4\u00dft, Frankfurt\/Main 2003 <\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

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