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Im gr\u00f6ssten Slum von Mumbai kann man den Menschen bei der Arbeit an der Globalisierung zuschauen.
\nVon Friederike Kretzen
\n<\/em><\/p>\n

Ich habe blaue Hunde gesehen. Sie leben im Zentrum von Mumbai. Ihr Fell ist einmal weiss gewesen mit hellbraunen Flecken auf dem R\u00fccken. Dann haben sie – wie Hunde das tun – von dem Wasser getrunken, das in flachen Rinnsalen durch die Gassen sickert, und sie sind blau geworden. Bis zu den Ohrenspitzen. Auch das Weiss ihrer Augen. Seitdem sind sie die blauen W\u00e4chter eines Stadtgebiets, das sie bewohnen und h\u00fcten, denn sie sind ja Hunde.
\n
\nIhr Revier ist ein St\u00fcck Land in der Stadt, in dem nur wenig Wasser in Rohren fliesst und die Elektrizit\u00e4t aus dem Nichts kommt, irgendwo abgeleitet. Eher steht das Wasser in den Gassen, mischt sich mit Farbe, mit \u00c3\u2013l, das fahl schimmernd obenauf schwimmt, Schweiss rinnt aus Bretterverschl\u00e4gen, H\u00fctten, dreist\u00f6ckigen H\u00f6hlen, in denen Back\u00f6fen betrieben werden und Grossfamilien leben. Der Boden ist aus Lehm, aufgeweicht, nur an wenigen Stellen gepflastert. In einigen der Verschl\u00e4ge wird Plastic zerkleinert in Schreddern. Die Jugendlichen, die die Schredder f\u00fcttern, greifen mit blossen H\u00e4nden in die Trichter mit ihren rotierenden Messern. Sind das Opferriten? Einem launigen Gott des Todes dargebracht, um ihn daran zu erinnern, dass die Seele des Menschen unsterblich ist? Daneben, in anderen Verschl\u00e4gen wird das zerkleinerte Plastic zu gr\u00fcnem Brei verschmolzen, der in langen F\u00e4den aus einem Extruder l\u00e4uft, getrocknet wird und zu Granulat verarbeitet. Das ist dann rezykliertes Plastic und kann wieder verarbeitet werden.<\/p>\n

Irreale Normalit\u00e4t<\/strong>
\nEin paar Verschl\u00e4ge weiter – einer neben dem anderen – heben junge M\u00e4nner fl\u00fcssiges Aluminium aus den in den Boden eingebauten \u00c3\u2013fen. Gleich neben den Back\u00f6fen, die das honiggelbe Bl\u00e4tterteiggeb\u00e4ck f\u00fcr die Stadt liefern. Ein H\u00f6llenloch, alles verrusst, Schw\u00e4rme von Fliegen, die wie Schmutz sind und \u00fcberall. Am Boden Lagen von Teig, in grobe S\u00e4cke eingewickelt, an der L\u00e4ngsseite des Raums eine stabile Fl\u00e4che, wo vier M\u00e4nner nebeneinander den Teig auswallen und schneiden. Auf der anderen Seite die, die den Ofen mit seinem offenem Feuer bedienen. Sie hantieren mit Schiebern, Stangen und schwarzen, hochrandigen Blechen, auf denen die Bl\u00e4tterteigpl\u00e4tzchen hellgelb gebacken werden, ein F\u00fcnfzehnj\u00e4hriger mit dicken, \u00fcberaus praktischen Handlappen um die Handgelenke zieht sie aus dem Ofen. Er strahlt uns an, dr\u00fcckt uns ein Pl\u00e4tzchen in die Hand und arbeitet dabei immer weiter. Wand an Wand mit den Plastic-K\u00f6chen, auch sie etwa in seinem Alter, die ohne jeden Mundschutz mit offenen Lungen hochgiftige Gase einatmen. Wir nennen das Recycling, wir finden das gut, hier geschieht es.<\/p>\n

Warum werden die Menschen nicht auf der Stelle gr\u00fcn wie die Hunde blau? Wo sind die Verformungen, Ausw\u00fcchse, Verkr\u00fcmmungen, die solche Arbeitsbedingungen Menschen antun? Sie leben darin, f\u00fcr sie ist es eine Form von Normalit\u00e4t. Das Schockierende dieser engen, armen und vor allem giftigen Lebensumst\u00e4nde – und das macht es wohl so grausam – ist ihre Geregeltheit. Kein Chaos, kein Schrei, keine Auflehnung der Kreatur, das Grausame ist vielmehr diese ungeheuer emsige, betriebsame Produktivit\u00e4t, mit der die M\u00fcllsortierer, die Plasticzerkleinerer, Plastic-K\u00f6che, B\u00e4cker, Stahlk\u00f6che, T\u00f6pfer und Schneider an ihren \u00c3\u2013fen, Feuern, Tischen und N\u00e4hmaschinen arbeiten. Es scheint in Ordnung zu sein.<\/p>\n

In Dharavi leben und arbeiten Menschen in Bretterbuden, oft mehrst\u00f6ckig, mit beissendem, giftigem Rauch, Schreddern, ratternden N\u00e4hmaschinen, Feuer, Dunkelheit. Sie leben und arbeiten hier nicht in einem fernen Mittelalter, es ist Fr\u00fchjahr 2013 an einem Nachmittag in Mumbai in einem der gr\u00f6ssten Slums der Stadt und, wie es heisst, des Landes. In einem Gebiet von 1,75 Quadratkilometern leben hier mehr als eine Million Menschen. Tausende von Gesch\u00e4ften exportieren ihre Waren. Der Jahresumsatz der ans\u00e4ssigen Firmen wird auf 665 Millionen Dollar gesch\u00e4tzt.<\/p>\n

Zwei M\u00e4dchen kommen vorbei, eine in Schuluniform, die andere mit Tschador, sie sind auf dem Weg nach Hause, irgendwo hier zwischen den Plasticverarbeitern und den M\u00fcllsortierern, und fragen nach unseren Namen. Sie sprechen Englisch, sind sehr sch\u00fcchtern. In einem langen d\u00fcsteren Verschlag sitzen etwa zw\u00f6lf Menschen am Boden aufgereiht, auch ein paar Frauen, und sortieren Kleinm\u00fcll. Jeder hat einen Haufen, f\u00fcr den er zust\u00e4ndig ist, vor sich: Kugelschreiberh\u00fcllen, Dr\u00e4hte, kleine Plasticteile. Papier, Glas, Eisen und gr\u00f6ssere Maschinen wie K\u00fchlschr\u00e4nke und Kochherde sind schon vorher aussortiert worden. Gegen\u00fcber werden auf zwei Etagen all die Jeans gen\u00e4ht, die bei uns zwanzig Franken kosten. Auch hier wieder die Arbeitsteilung: N\u00e4hen, Zuschneiden, B\u00fcgeln im Akkord. Es arbeiten etwa dreissig M\u00e4nner in einem Raum von zwanzig Quadratmetern. In einer Ecke stehen bis zur Decke hoch gestapelt Kartons mit Schneiderkreide, den hellroten, blauen und weissen Pl\u00e4ttchen, mit denen die Schnittmuster auf den Stoff gezeichnet werden. In jedem Karton sind zehn mal zehn Kreiden in einzelne P\u00e4ckchen verpackt. Dieser Vorrat von Schneiderkreiden wird hier wohl schon im n\u00e4chsten Monat aufgebraucht sein.<\/p>\n

Um jeden Preis<\/strong>
\nDie blauen Hunde waren das Erste, was ich sah, als ich das Gebiet betrat, und sie sind mir als eine Art Verk\u00f6rperung erschienen. Sie waren ein Zeichen davon, dass die monstr\u00f6sen Verh\u00e4ltnisse, in denen hier gearbeitet und gelebt wird, etwas mit den darin Lebenden machen. Nur ihnen, den Hunden, konnte ich ansehen, dass hier etwas aus den Fugen geraten war, dass hier eine Form von Produktivit\u00e4t sich entwickelt hatte, bl\u00fchte, die masslos war. Hier wurde um jeden Preis – und um zu \u00fcberleben – alles aus allem und allen herausgeholt.<\/p>\n

Wer die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen in diesem Slum gesehen hat, was ist mit dem? Der ist vielleicht besch\u00e4mt, erschrocken, dem kommen die Tr\u00e4nen, und er m\u00f6chte sich in das Gef\u00fchl fl\u00fcchten, selbst unwirklich zu sein. Denn wie soll er sich mit dieser Realit\u00e4t zusammen denken k\u00f6nnen? Wie sich sein Leben in der Schweiz vorstellen, aus der die meisten Produktionsprozesse ausgelagert worden sind – zum Beispiel nach Indien – mit der damit einhergehenden Entwertung von Arbeit, von Handwerk, von T\u00e4tigsein? Und nachdem er gesehen hat, wie Arbeitsbedingungen das Leben der Menschen ganz unmittelbar entwerten? Wie und als was kann er sich zu der Arbeit und Produktivit\u00e4t in diesem Slum verhalten, sich mit den dort Lebenden verst\u00e4ndigen, und zwar in sich, als Teil eines Zusammenhangs, der ihn so sehr \u00fcbersteigt wie die, die in diesem Slum f\u00fcr ihr \u00c3\u0153berleben arbeiten.<\/p>\n

Gew\u00f6hnlich nennen wir das Globalisierung. Kann es sein, dass sie ein bisschen zu gross f\u00fcr uns ist? Dass sie es uns beinahe unm\u00f6glich erscheinen l\u00e4sst, uns in Verbindung mit anderen Formen von Arbeit und Leben zu sehen? Uns \u00fcberhaupt in Bezug zu anderen wahrzunehmen und dar\u00fcber hinaus uns klarzumachen, dass wir die anderen brauchen? Dass wir in der Schweiz die Slums in Mumbai brauchen? Dass wir ihnen vielleicht etwas schulden, dass wir dort etwas zur\u00fcckzugeben haben? Diese Fragen drohen von der Gr\u00f6sse und Massivit\u00e4t dessen, was wir Globalisierung nennen, erdr\u00fcckt zu werden. Dabei sind das die Fragen, die das Lebendige von Arbeit – und das ist auch das Lebendigmachende von Arbeit – uns zu bedenken erlauben w\u00fcrden. Die Fragen selbst sind die Arbeit, die dringend n\u00f6tig ist.<\/p>\n

Mitten in Mumbai unter dem Ansturm dieser widerspr\u00fcchlichen Empfindungen fielen mir die „Drei Schwestern“ von Tschechow ein. Die am Ende ihrer \u00fcbergrossen Sehnsucht, nach Moskau zu gehen, eine andere, realere M\u00f6glichkeit f\u00fcr sich finden, was sie in ihrem Leben noch erfahren wollen. „Die Zeit wird kommen“, sagt Irina, „da werden alle erfahren, wozu das alles, wof\u00fcr das Leiden, es wird keine Geheimnisse mehr geben, und bis dahin m\u00fcssen wir leben [. . .] wir m\u00fcssen arbeiten, nur arbeiten [. . .]. Wir haben Herbst, bald kommt der Winter, der alles mit Schnee zusch\u00fcttet, und ich werde arbeiten, werde arbeiten.“<\/p>\n

Kann es sein, dass die Hoffnung der drei Schwestern, durch Arbeit eine M\u00f6glichkeit von Erkenntnis und Wissen zu schaffen, eine Arbeit darstellt, die uns immer noch bevorsteht? Noch sind wir damit nicht viel weiter gekommen.<\/p>\n

Die ausgestorbenen Aasgeier
\n<\/strong>Vielleicht sind es die Tiere, die am unmittelbarsten von der Unertr\u00e4glichkeit unserer Lebensbedingungen getroffen werden. Wie die blauen Hunde. In Mumbai leben etwa 60 000 Parsi, Zoroastrier, die im 9. Jahrhundert aus Persien vertrieben wurden. Bestandteil ihres Begr\u00e4bnisrituals ist der „Turm des Schweigens“, in dem sie die Leiche aufbahren und den Aasgeiern \u00fcbergeben, die die Knochen sauber abnagen. Heute sind wegen dieses Bestattungsrituals die Aasgeier in Mumbai ausgestorben. Denn die Leichen, von denen sie sich ern\u00e4hrt haben, waren voller Medikamente, und von denen waren es vor allem die gegen Krebs, die die Tiere vergiftet haben.<\/p>\n

Seitdem gibt es noch viel mehr Kr\u00e4hen in der Stadt, sie sind lauter als der Strassenverkehr, und das will in Mumbai etwas heissen, wo auf jedem Fahrzeug, egal welcher Gr\u00f6sse, zu lesen steht: „Horn please“. Und wer weiss, ob nicht die Kr\u00e4hen mit der Zeit die Arbeit der Geier \u00fcbernehmen werden, dann k\u00f6nnen sie die Toten der Parsi dem Himmel \u00fcbergeben.<\/p>\n

Die Schriftstellerin Friederike Kretzen lebt in Basel. 2012 erschien im Stroemfeld-Verlag ihr Roman „Natascha, V\u00e9ronique und Paul“.
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Im gr\u00f6ssten Slum von Mumbai kann man den Menschen bei der Arbeit an der Globalisierung zuschauen. Von Friederike Kretzen Ich habe blaue Hunde gesehen. Sie leben im Zentrum von Mumbai. Ihr Fell ist einmal weiss gewesen mit hellbraunen Flecken auf dem R\u00fccken. Dann haben sie – wie Hunde das tun – von dem Wasser getrunken, … Die blauen Hunde von Dharavi \/ NZZ 29.5.13<\/span> weiterlesen →<\/span><\/a><\/p>\n","protected":false},"author":1,"featured_media":0,"comment_status":"closed","ping_status":"open","sticky":false,"template":"","format":"standard","meta":{"footnotes":""},"categories":[3],"tags":[],"_links":{"self":[{"href":"https:\/\/kretzen.info\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/260"}],"collection":[{"href":"https:\/\/kretzen.info\/wp-json\/wp\/v2\/posts"}],"about":[{"href":"https:\/\/kretzen.info\/wp-json\/wp\/v2\/types\/post"}],"author":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/kretzen.info\/wp-json\/wp\/v2\/users\/1"}],"replies":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/kretzen.info\/wp-json\/wp\/v2\/comments?post=260"}],"version-history":[{"count":0,"href":"https:\/\/kretzen.info\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/260\/revisions"}],"wp:attachment":[{"href":"https:\/\/kretzen.info\/wp-json\/wp\/v2\/media?parent=260"}],"wp:term":[{"taxonomy":"category","embeddable":true,"href":"https:\/\/kretzen.info\/wp-json\/wp\/v2\/categories?post=260"},{"taxonomy":"post_tag","embeddable":true,"href":"https:\/\/kretzen.info\/wp-json\/wp\/v2\/tags?post=260"}],"curies":[{"name":"wp","href":"https:\/\/api.w.org\/{rel}","templated":true}]}}