Irre Parabel: NZZ am Sonntag vom 20.04.2014

Handbuch der Ratlosigkeit. L’arc/Limmat-Verlag, Zürich 2014
Wir kennen in Leder, Leinen, Pergament und Pappe eingebundene Bücher. So etwas haben wir aber noch nie gesehen: einen in Schmirgelpapier der Stärke 3M gebundenen Band, die raue, sandige Fläche selbstverständlich aussen. Ein Sammlerstück für Bibliomane, aber mehr als das: eine höchst originelle Anthologie mit 37 in die Sprache verguckten Texten. Seit zwanzig Jahren gibt es L’arc Romainmôtier – ein zum Migros-Kulturprozent gehöriges Künstlerhaus im Westschweizer Jura. Zu seinem Jubiläum haben Elfriede Czurda, Friederike Kretzen und Suzann-Viola Renninger dieses schöne Buch herausgebracht.

Von Anton Bruhin über Michael Fehr und Klaus Merz bis zu Martin Zingg, von Ann Cotten, Hanna Johansen und Sabine Peters bis zu Christina Viragh reicht die Liste der Mitwirkenden. Wir entdecken Buchstaben, die sich toll gebärden, aktenkundige Nebel, herrenlose Muster und Wörter, die dem Autor gehören. Der Germanist Walter Morgenthaler überlegt sich in seinem Beitrag, wie schön es wäre, wenn sich alle zum Fressen gern hätten, wenn alle Frauen Emma hiessen, wenn die Sterntaler wieder eingeführt würden und die Bäume kopfstünden. Aus dem Adjektiv «irreparabel» schaut ihm eine irre Parabel entgegen. Dergleichen Sprachspiele gibt es viele in diesem Buch. Man kann in ihm flanieren und sich vergnügt abhanden kommen. (pap.)