Fiktion – Dokument – Montage | Godards Kino

Ausschreibung HS 08

Godard sagt, er mache Filme, um sehen zu können. Aber was ist Sehen? Woher wissen wir, dass wir sehen und dies nicht nur denken? Wie lässt sich sehen, was nicht zu sehen ist? Die Wirklichkeit zum Beispiel, die Liebe, der Tod, das Leben?

„… das Leben füllt die Leinwand wie ein Wasserhahn eine Badewanne, die sich gleichzeitig in selbem Masse wieder leert…“ schreibt Godard. Seine Filme füllen die Leinwand, die sie leeren. Sie leben und zeigen zugleich die Bewegung des Lebens. So kann Leben im Film sichtbar werden und dabei lebendig bleiben.

Montierende Künstler wie er haben nicht nur Ich’s, die anders sind, sondern machen auch anders Filme. Jeder seiner Filme ist nicht nur anders, sondern auch noch ein anderer Film und ein Film über anderes. One Plus One heisst einer, der aus zwei Filmen besteht, die so ineinander geschnitten sind, dass das, was wir sehen, ein dritter bis vierter Film ist.

Montieren ist allerdings nicht nur eine Art, etwas zur Erscheinung, zum Bild, zur Sprache zu bringen, sondern auch der Versuch, etwas sichtbar zu machen, was nicht sichtbar ist und was vielleicht gar nicht existiert. Godards Filme haben mit Freiheit zu tun, mit Belebung, Belichtung. Denn das Kino müsse der Realität wieder herausrücken, was es ihr genommen habe. Das sei seine Art, uns daran zu erinnern, dass wir leben müssten, sagt er.

Den vielfältigen Zusammenhängen von Leben, Fiktion, Kino, von Montage und Bilderfolge, wie sie uns Godard in seinen Filmen sichtbar und erfahrbar macht, möchte ich mit ihnen nachgehen, und sie auf ihre Gelenke und Gelenkigkeiten hin befragen. Was kann all das mit Geschichte und Geschichten zu tun haben, mit dem Raum zwischen den Menschen und zwischen den Zeiten?