Der Wunsch zu schreiben und das Schreiben

Seminar Ausschreibung Literaturinstitut Biel HS 17: Für wen wir schreiben. Siebte Runde.

„Ja: nicht schreiben ist das Bedürfnis, sondern schreiben wollen.“ So steht es in Handkes frühem Text „Falsche Bewegung“ und zieht sich als grundlegende Ausrichtung seines Schreibens durch sein gesamtes Werk.

Bis zum letzten Band führt der Wunsch zu schreiben Proust weiter und weiter auf seiner Suche nach eben diesem Schreiben, bis er kurz davor steht, den Wunsch aufzugeben. Das ist der Moment, in dem ihm durch ein unvorhersehbares Ereignis unmittelbar klar wird, wie er sein unablässig herbeigewünschtes Werk schreiben können wird.

Der Wunsch zu schreiben ist eine Energie, ein Motor, der etwas in Gang setzt. Was daraus wird, was das konkrete Schreiben, der Text sein kann, ist etwas anderes und hat in gewisser Weise mit dem Wunsch nichts mehr zu tun.

Ich möchte Sie in diesem Seminar nach Ihrem Wunsch zu schreiben fragen. Dem nachgehen, wie der Wunsch uns beistehen kann, uns im grossen Meer der Sprache zu orientierten, uns zu führen in der Suche nach dem, was wir schreiben wollen.

Das möchte ich mit Ihnen zusammen an Hand von Virginia Woolfs Essay ‚A room of ones own’ versuchen. Denn in gewisser Weise ist das Zimmer für sich allein der Raum, in dem der Wunsch zu schreiben seine Kraft entfalten kann. So, wie Virginia Woolf ihn entwirft, ist er eben nicht nur ein Raum ökonomischer Unabhängigkeit, sondern ein Raum freierer Bezüglichkeiten, in dem sich Wünsche äussern können, ohne sich realisieren oder rechtfertigen zu müssen. Es ist auch ein Raum der Einsamkeit, der notwendigen, der Einsamkeit, die es ermöglicht, sich selbst unbekannt zu werden.

Ich möchte Sie zu diesem Seminar, in dieses Zimmer für sich allein einladen, um schreibend, sprechend, das, was unser Schreiben an unterschiedlichsten Vorstellungen begleitet und mit sich bringt, zu ergründen und zu vervielfachen.