Archiv der Kategorie: Kritiken zum Werk

Traumzugang in ein fremdes Land

Über Friederike Kretzens Persien-Buch »Bild vom Bild vom großen Mond«

Florian Neuner 17.12.2023

Schon ihr letztes Buch war ein Reisebuch, und schon in der 2017 erschienenen »Schule der Indienfahrer« waren reale und gedankliche Reisen ineinander verwoben zu einem poetischen Geflecht, einer Prosa, die nicht gefangen nimmt mit ihrer Story, sondern durch einen ganz eigentümlichen Sog aus sprachlichen Bildern und Assoziationen. Wenn das neue Buch der Sprachkünstlerin Friederike Kretzen im Untertitel »Roman einer Reise« heißt, dann ist das etwas irreführend: Hier spricht unmaskiert das Erzähler-Ich einer Autorin, die nach Teheran reist und dort an der Schweizer Botschaft auftritt, über ihr geplantes Persien-Buch spricht, Museen besucht und Künstlerinnen trifft. Um ein Reisejournal handelt es sich aber ebenso wenig, denn auch wenn die Chronologie von der Ankunft in Teheran bis zur Weiterreise nach Isfahan gewahrt ist, sind doch die zeitlichen Sprünge und Abschweifungen zahlreich, und die Sprache bewegt sich oft weit weg vom Protokoll der laufenden Ereignisse.

Traumzugang in ein fremdes Land weiterlesen

Lesung in Uster 15.6.23

Liebe Gäste, und ganz besonders liebe Friederike Kretzen, ich begrüsse Sie herzlich zu diesem Abend, der ganz im Zeichen des „Bilde(s) vom Bild des grossen Mondes“! steht.

Einführung:

Um es gleich zu gestehen: Ich befinde mich bereits seit Tagen mit Ihnen, liebe Friederike Kretzen, im Gespräch! Es ist ein inneres Gespräch, aber eigentlich ist diese Hinzufügung ganz überflüssig: In ihrem Werk – das meine ich verstanden zu haben – sind Inneres und Äusseres nicht getrennt, genauso wenig wie Gegenwärtiges und Vergangenes und hier und dort: Es gibt da Vorhänge, die sich öffnen können, Teppiche, die die „Wände aus Beton“, an denen sie in einem Museum in Teheran hängen, „steil nach oben zum Himmel auffahren“, und selbst in Bern, „wenn es Abend wird, und dieses irre Licht aus dem tiefen Einschnitt durch die Stadt aufsteigt“, lösen sich manchmal die „Berge von der Erde und nehmen die Stadt mit sich in die Höhe, ins Leichte, auf die Kreisbahn“.

Lesung in Uster 15.6.23 weiterlesen

Der Rausch der Ferne

In ihrem neusten Roman «Bild vom Bild vom großen Mond» erzählt Friederike Kretzen vom Rausch des Reisens und Schreibens.

Von Lara Buchli, 16. Februar 2023

In Friederike Kretzens neuem Werk reist eine Ich-Erzählerin in die Ferne nach Persien, um aus den erlebten Begegnungen und Erlebnissen ein Buch zu schreiben. Der Untertitel kündigt dies bereits an: ein «Roman einer Reise» darf man erwarten, über knapp 300 Seiten hinweg erzählt. Nicht zum ersten Mal verarbeitet Kretzen das Reisen mit dem Schreiben in Form eines Romans. Bereits in ihrem letzten Buch, Schule der Indienfahrer (2017), setzte sie sich damit auseinander, wie eine Reise Menschen verändert und zu einer Lehre fürs Leben werden kann.

Aufgehoben in der Fremde

In Bild vom Bild vom grossen Mond bricht eine namenlose Ich-Erzählerin in Richtung Osten auf, bis sie in den Iran gelangt. Im Erzählen erinnert sie sich an frühere Reisen, an alte Bekanntschaften und an Indien. So vermischt sich im Imaginären der Erzählfigur das Vergangene mit der Gegenwart und Erinnerungen gehen fliessend über in erlebte und erdichtete Ereignisse.

Der Rausch der Ferne weiterlesen

Rezension Christina Viragh

Die Katze sagt, wo die Reise hingeht

Friederike Kretzen findet in ihrem neuen Roman die Wege zurück

Christina Viragh

Am Ende von Lévi-Strauss’ Traurigen Tropen heisst es: „… während der kurzen Intervalle, in denen es unsere Spezies verträgt, ihr bienenemsiges Treiben zu unterbrechen, um im Wesen zu erfassen, was sie war und weiterhin ist, diesseits des Denkens und jenseits der Gesellschaft: in der Betrachtung eines Minerals, schöner als alle unsere Werke, im Duft, weiser als alle unsere Bücher, geatmet im Kelch einer Lilie; oder im Blick, schwer von Geduld, Gelassenheit und gegenseitiger Vergebung, den ein unwillkürliches Einverständnis manchmal auszutauschen erlaubt mit einer Katze.“

Rezension Christina Viragh weiterlesen

Einführung Buchvernissage von Samuel Moser: Bild vom Bild vom grossen Mond 

Literaturhaus Basel, 8. September 2022

Vor vier Jahren, nach dem letzten Buch von Friederike Kretzen, der «Schule der Indienfahrer», dachte ich: das ist nun das Ende. Weiter geht’s nicht mehr. Die mehr oder minder muntere Truppe, die wir schon aus vielen ihrer Bücher kannten, hatte ihre letzte Mission erfüllt, wenn auch ohne Erfolg, aber doch. Zeit sich zu trennen. 

Und nun schreibt Friederike Kretzen in ihrem «Bild vom Bild vom grossen Mond», es habe doch über dem Ende der «Schule der Indienfahrer» gestanden: «Fortsetzung folgt». Immerhin formuliert sie es als Frage. So ganz sicher ist sie sich auch nicht. Vielleicht legt sie sich das ja bloss zurecht. Einfach weil sie erfahren musste, dass sie nichts losgeworden ist seither, dass sie aus der Schule der Fahrenden immer noch nicht rausgekommen ist.

Einführung Buchvernissage von Samuel Moser: Bild vom Bild vom grossen Mond  weiterlesen