Archiv der Kategorie: Ausschreibungen

Veranstaltungen an der HGKZ zwischen 1997-2005

Vom Poetischen als einem Einsammelverhältnis

LI Biel FS 19 / Seminar auf Wunsch von ein paar Artisten, die zusammen mit mir im letzten Semester an der Ratlosigkeit gearbeitet haben.

Im nächsten Herbstsemester plane ich ein Seminar zu David Foster Wallace Roman „Unendlicher Spass“. Als Vorbereitung darauf würde ich gerne ein paar Umwege zu diesem Spass und seiner Unendlichkeit versuchen. Dabei stelle ich mir vor, einige Abstecher nach Amerika und zu Walser zu machen. Denn vor allem möchte ich mit Ihnen zusammen überlegen, ob Literatur nicht ein Heim für all das Obdachlose, Übriggebliebene, all das, was nicht aufgeht in den uns angetragenen Formen glücklichen, intensiven Lebens, sein könnte. 

Vom Poetischen als einem Einsammelverhältnis weiterlesen

Biel Ausschreibung HS 18: Für wen wir schreiben. Achte Runde.

Warum das Glück der Artisten ein ratloses ist und wie wir es lernen können.

Seit Alexander Kluges Film „Die Artisten in der Zirkuskuppel; ratlos“ sind Artisten ratlos und zwar, weil sie Artisten sind. Es heisst im Film, dass sie als Artisten nur so tun, als könnten sie fliegen. Während sie im wirklichen Leben natürlich fliegen können.
In diesem Widerspruch zweier Vermögen hält sich die ganze schöne widersprüchliche Spannung von Leben und Kunst auf, die wir nicht reduzieren können, nur immer wieder durchqueren und vermehren.

So können wir im wirklichen Leben zwar schreiben, aber als Schriftsteller und Schriftstellerinnen ist es ja oft genug so, dass wir, was wir an Schreibfähigkeiten haben, vergessen müssen, um an die uns eigene Sprache, ihre Dringlichkeit und Genauigkeit heranzukommen.

Schreiben also können wir, aber können wir auch so tun, als schrieben wir? Was brauchen wir dafür, was sorgt für den guten Wind unter unseren Schreibschwingen?

Ratlosigkeit ist eine geeignete Form des Innehaltens und Zögerns, um der ganzen grossen Beweislosigkeit von Literatur zu begegnen, ungewiss, wofür sie gut sein soll. Kein Text kann beweisen, was er sagt, noch, dass es sich lohnt, es zu sagen.
Wem das klar sein kann, dem hilft der Himmel. Denn Literatur führt uns auf das gefährliche Terrain dessen, was nicht ratlos, sondern womöglich schön ist. So dass wir, wenn wir glauben, nicht weiter zu kommen, froh sein sollten, immerhin schon ratlos zu sein.

Ich möchte in diesem Seminar mit Ihnen zusammen auf die Suche nach dem Ungesicherten der Wörter gehen und ein paar Übungen zur Ratlosigkeit versuchen. Dabei sollen Texte von Virginia Woolf, David Foster Wallace, Alexander Kluge und Gilles Deleuze gelesen und weitergeführt werden. Vielleicht schaffen wir es ja, uns durch die Manege bis ins Freie auf das Zirkusdach hochzuarbeiten.

Was fehlt und wie davon schreiben?

Ausschreibung zur Sommerakademie Schrobenhausen 2017
Vom unsagbaren Leben.

Wann haben Ärzte aufgehört, ihre Patienten mit der Frage zu empfangen: Was fehlt Ihnen? Als wäre Kranksein etwas, das
einem fehlt, bzw. etwas, das macht, dass einem etwas fehlt.
Vielleicht fehlt uns heute diese Frage, vielleicht wäre sie
eine sanfte Form von Medizin. Zumindest wären wir nicht so
verantwortlich für unsere Befindlichkeiten, denn da ist etwas
in uns, das uns fehlt. Dem zu antworten wäre eine andere
Möglichkeit von Verantwortung. An der möchte ich gerne in
diesem Seminar arbeiten. Und gemeinsam mit Ihnen in kleinen,
abbrechenden, fragmentarischen Niederschriften, mit stockendem
Herzen, in winzigen Annäherungen versuchen, dem zu antworten,
das nicht aufgehört hat, zu uns vom Fehlen zu sprechen.

Schreiben wir für die Katz, für Hollywood?

Schreib-Projekt, Zürich, Schule für Gestaltung, Filmklasse 13.4. – 15.4.1993

Was geschieht, wenn wir Gesehenes, Gehörtes in Sprache zu fassen und in Schrift zu fixieren versuchen? Welche Bilder, welche Vorstellungen sind mit dem Schreiben verbunden und engen unseren Blick und unsere Umgangsweise ein, ohne dass wir es wissen? Wie verhält sich unsere Zielvorstellung von dem, was wir schreiben wollen, zu dem, was Schreiben überhaupt zu leisten vermag? Welche Idee von Realität und zielgerichtetem Verhalten liegt unserem Verständnis von Schreiben, Sprache und ihrem Gegenstand zugrunde?Wird dadurch die Erfahrung von Sprache als Wirklichkeit nicht eher verunmöglicht? Und mit Sprache als Wirklichkeit meine ich die unerbittliche Dimension von Sprache, die mit einfachem Willen und Konzepten nicht zu erwischen ist,-möglicherweise jedoch mit einem kleinen, zufälligen Blick beiseite. Schreiben wir für die Katz, für Hollywood? weiterlesen

Zur Erfahrung von gewaltiger Wirklichkeit in Texten

Studienbereich Theorie, HGKZ Literatur, Mai 1996

„Warum sich in Wörtern totstellen?“fragt Rolf Dieter Brinkmann in seinem Reise Zeit Magazin „Erkundungen für die Präzisierung des Gefühls für einen Aufstand“. Und da er es nicht tun will und sich wehrt, indem er schreibt, auch da, wo er, wie er schreibt „keine Wörter mehr“ hat, gelingt ihm eine Zustandsbeschreibung der ihn umgebenden und durchdringenden Kultur. Allerdings ist diese Zustandsbeschreibung keine Beschreibung, sondern eben dieser Zustand, in dem die westdeutsche Nachkriegskultur als eine „Kultur, die auf undurchschauten Tierversteinerungen beruht“ deutlich wird. Und zwar so deutlich, dass wir uns beim Lesen als Teil dieser Versteinerungen und als Tier empfinden. Zur Erfahrung von gewaltiger Wirklichkeit in Texten weiterlesen

Was ist einfach? Einfach schreiben? Einfach sehen? Einfach verstehen?

Theoriepool Kultur und Gesellschaft,
Grundlagenangebot, HGKZ Februar 1997

Im Sprichwörterbuch gibt es zu einfach nur einen Eintrag: „Einfach, aber niedlich, sagte der Teufel und strich sich den Sterz erbsengrün an.“ Ist das einfach? Und wenn ja, was macht dieses Einfache aus? Die Einfalt des Teufels, wenn wir ihn uns mit seinem grüngestrichenen Schwanz vorstellen? Was ist einfach? Einfach schreiben? Einfach sehen? Einfach verstehen? weiterlesen